Aus Gerichtspartnerschaft mit Polen wird Deutsch-Polnischer Juristenverein
Nachdem bereits 2007 Marburger Richter, Staats- und Rechtsanwälte im Rahmen der seit 2005 bestehenden Partnerschaft zwischen den Gerichten Marburg und Walbrzych (ehem. Waldenburg/Schlesien) Krakau und die KZ-Gedenkstätte Auschwitz besucht hatten, waren kürzlich Wrozlaw (Breslau) und Walbrzych die Ziele einer viertägigen Studienfahrt. Erneut diskutierten 15 Marburger Juristen mit ihren polnischen Kollegen – u. a. über Gesichtspunkte der Abschöpfung des Gewinns aus Straftaten, Insolvenzverfahren und Videokonferenztechnik. Diese Bereiche stehen stellvertretend für neue Aufgabenstellungen für die Justiz in einem vereinten Europa: Vermögen besitzt keine Grenzen, Verfahrens-beteiligte leben immer öfter im europäischen Ausland. Für besonderes Aufsehen hat in Polen eine Entscheidung des polnischen Verfassungsgerichtes gesorgt. Nach ihr dürfen Richteranwärter, die dort mit richterlichen Aufgaben betraut sind, künftig nicht mehr in diesem Bereich tätig sein, weil ihnen mangels Lebenszeiternennung die richterliche Unabhängigkeit fehle. Dies betrifft 20% der polnischen Richter. Bis Mai 2009 müssen der polnische Gesetzgeber oder die Regierung eine Lösung gefunden haben.
Am letzten Tag der Reise stellten 23 polnische und deutsche Juristen ihre Freundschaft und Zusammenarbeit auf neue Füße: im historischen Grand Hotel des Kurbades Bad Salzbrunn (Szczawno Zdrój) fand die Gründungsversammlung des gemeinnützigen „Deutsch-Polnischen Juristenvereins Walbrzych/Marburg“ mit Sitz in Marburg statt. In dessen achtköpfigen Vorstand sind je vier deutsche und polnische Juristen; unter anderem die damaligen Initiatoren der Partnerschaft, der Marburger Amtsgerichtsdirektor
Dr. Hansjürgen Hausmann – der auch Vorsitzender des Vereines ist – der Schöffengerichtsvorsitzende Mirko Schulte und der Vizepräsident des Amtsgerichtes Walbrzych, Maciek Ejsmont. Satzungszweck ist die Schaffung eines Forums für den Kontakt zwischen Juristen beider Länder und der Austausch von Rechtserfahrungen insbesondere im Hinblick auf europäisches Recht. Im Sinne der Völkerfreundschaft sollen persönliche Begegnungen von Juristen, Studenten und Interessierten, Hospitationen und Fortbildungsveranstaltungen sowie Gerichts- und Behördenpartnerschaften gefördert werden. Im Anschluss an die Reise haben sich bereits Kontakte zwischen Insolvenzverwaltern aus beiden Städten mit dem Ziel einer Zusammenarbeit ergeben.